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Familiennachzug

Dauerhafte Trennung darf kein Normalzustand sein

29.7.2025

Der Bundestag hat beschlossen, den Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten für zwei Jahre auszusetzen. Das Gesetz ist am 23. Juli 2025 in Kraft getreten. Für viele geflüchtete Menschen in Deutschland bedeutet das: Hoffnungslosigkeit, Perspektivlosigkeit – und weiterhin keine Aussicht auf ein gemeinsames Leben mit ihren engsten Angehörigen.

Bereits von 2016 bis 2018 war der Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten vollständig ausgesetzt worden. Seitdem ist er durch eine monatliche Obergrenze von 1.000 Visa stark eingeschränkt. Der nun beschlossene Nachzugsstopp verschärft die ohnehin belastende Situation für Familien erneut – für Menschen, die teils seit Jahren auf ein Wiedersehen mit ihren Familienmitgliedern warten. Für sie bedeutet dieses Gesetz eine zermürbende Verlängerung einer ohnehin kaum erträglichen Trennung.

Leben in Trennung – mit gravierenden Folgen

Viele Menschen mit subsidiärem Schutzstatus sind vor Krieg, Verfolgung oder Folter geflohen. Sie leben heute in Deutschland in Sicherheit, aber getrennt von ihren Kindern, Ehepartner:innen oder (im Fall von Minderjährigen) ihren Eltern. Ihre Angehörigen befinden sich häufig noch in Kriegsgebieten oder in unsicheren Drittstaaten. Kinder wachsen ohne Eltern auf, Partnerschaften müssen jahrelang über Kontinente hinweg geführt werden.

Die emotionale Belastung ist enorm und führt nicht selten zu Trennungen von Ehepartner:innen, Entfremdung zwischen Kindern und Eltern, Isolation, Angstzuständen und psychischer Überforderung. Auch die gesellschaftliche Teilhabe leidet unter der Trennung. Wer in ständiger Sorge um seine Familie lebt, kann sich kaum auf Schule, Ausbildung, Sprachkurse oder Arbeit konzentrieren. Studien belegen: Ein stabiles, sicheres Leben ist ohne familiären Rückhalt deutlich schwerer.

Besonders gravierend sind die Folgen für Kinder: Die Trennung eines Kindes von seinen Eltern über einen Zeitraum von zwei Jahren kann bereits zu schweren Schäden in der Persönlichkeitsentwicklung führen. Es ist unverantwortlich, Kinder wissentlich dieser Gefahr auszusetzen.

Werden legale Wege zur Familienzusammenführung dauerhaft versperrt, steigt der Druck auf Betroffene, gefährliche und mitunter lebensbedrohliche Alternativen in Betracht zu ziehen, um ihre Angehörigen wiederzusehen.

Ein Grundrecht mit Ausnahmen

Artikel 6 des Grundgesetzes schützt Ehe und Familie – und damit auch das Recht auf Familiennachzug. Auch die Europäische Menschenrechtskonvention (Art. 8 EMRK) garantiert das Recht auf Achtung des Familienlebens. Dennoch wird dieses Grundrecht durch die erneute Aussetzung de facto ausgehöhlt. Für viele bedeutet das: anhaltende Trennung – trotz bestehender Schutzbedürftigkeit und rechtlicher Ansprüche.

Eine verantwortungsvolle Politik würde Familienzusammenführungen ermöglichen, nicht aufschieben. Familien gehören zusammen. Eine politisch verordnete Trennung ist menschlich nicht vertretbar.

Rechtlicher Hintergrund

Subsidiär Schutzberechtigte erhalten Schutz, wenn ihnen in ihrem Herkunftsland „Verfolgung oder ernsthafter Schaden“ drohen – etwa durch bewaffnete Konflikte, Folter oder systematische Gewalt. Sie gelten jedoch nicht als anerkannte Flüchtlinge im Sinne der Genfer Konvention. Während anerkannte Flüchtlinge einen rechtlich gesicherten Anspruch auf Familiennachzug haben, wird dieser bei subsidiär Schutzberechtigten politisch beschränkt und ist nur sehr aufwendig einklagbar.

Rechtlich ist eine dauerhafte Aussetzung nicht haltbar und auch für einen Zeitraum von zwei Jahren rechtlich sehr zweifelhaft. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte fordert, dass spätestens nach zwei Jahren eine individuelle Einzelfallprüfung erfolgen muss. Auch das Grundgesetz (Art. 6 GG), die Europäische Menschenrechtskonvention (Art. 8 EMRK), die EU-Grundrechtecharta (Art. 7 und 24 GRCh) sowie die UN-Kinderrechtskonvention verpflichten Deutschland, Ehe und Familie zu schützen – unabhängig vom Schutzstatus der Betroffenen.