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Rückführungsverbesserungsgesetz: Verdopplung der Wartezeit auf soziale und gesundheitliche Regelleistungen

1.2.2024

Die Verabschiedung des Rückführungsverbesserungsgesetzes im Januar durch den Bundestag hat die Wartefrist nach § 2 Abs. 1 S. 1 AsylbLG und somit den Zugang zu Sozial- und Gesundheitsleistungen wie im Regelsystem für geflüchtete Menschen von 18 auf 36 Monate verdoppelt.

Bisher lag die Wartezeit für den Zugang zu diesen Leistungen bei anderthalb Jahren. Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes haben asylsuchende Menschen nun jedoch drei Jahre zu überbrücken, bevor sie vollen Zugang zu Unterstützungsmaßnahmen erhalten. Diese längere Wartezeit bedeutet, dass sie mit 50 bis 80 Euro monatlich weniger leben müssen. Die Argumentation, dass asylsuchende Menschen in dieser Zeit geringere Bedürfnisse haben, ist bereits bei anderthalb Jahren Wartezeit unzutreffend und wird durch die Verlängerung der Wartezeit auf drei Jahre noch fragwürdiger. Tatsächlich könnten die Bedürfnisse von asylsuchenden Menschen aufgrund ihrer spezifischen Lebenssituation sogar höher sein als die der einheimischen Regelleistungsempfänger. Diese Verlängerung der Wartezeit und die damit einhergehende Absenkung der Leistungssätze unter den durch das SGB II definierten Mindeststandard werden von Organisationen, die geflüchtete Menschen unterstützen und Rechtsanwält:innen als Menschenwürdeverletzung und vermutlich verfassungswidrig bezeichnet. Jurist:innen empfehlen daher, gegen die Beibehaltung der herabgesetzten Leistungssätze nach 18 Monaten Widerspruch einzulegen und eine Klärung dieser Fragen vor dem Bundesverfassungsgericht anzustreben.

Soweit die brandenburgischen Landkreise und Städte an der Aushändigung von elektronischen Gesundheitskarten an asylsuchende Menschen festhalten, ist – entgegen der Situation in anderen Bundesländern - zunächst nicht mit einer Verschlechterung der allgemeinen gesundheitlichen Versorgung in Brandenburg zu rechnen. Allerdings wird der Zugang zu psychotherapeutischer Versorgung noch schwieriger werden. Bereits jetzt ist es für asylsuchende Menschen eine Herausforderung, eine Behandlung bei niedergelassenen Psychotherapeuten zu erhalten. Mit der Verlängerung der Wartezeit auf 36 Monate wird das Instrument der Ermächtigung von Psychotherapeut:innen und Psychosozialen Zentren für die Behandlung von traumatisierten geflüchteten Menschen nahezu unwirksam, da auch diese erst nach drei Jahren eine kassenfinanzierte Therapie anbieten können. Dies führt zu einer weiteren Vergrößerung der Versorgungslücke.

Es ist von entscheidender Bedeutung, dass geflüchtete Menschen Zugang zu angemessener psychosozialer Gesundheitsversorgung erhalten. Die bestehenden Barrieren müssen abgebaut und die Versorgungslücken geschlossen werden, um sicherzustellen, dass jeder Mensch, unabhängig von seinem Aufenthaltsstatus, die notwendige Unterstützung und Behandlung erhält, die er benötigt, um ein Leben in Würde zu führen.

Weitere Informationen:

Zum Positionspapier: Gesundheitliche Folgen bei der Verdoppelung der Asylleistungsbeschränkungen von 18 auf 36 Monate

Zum Aufruf von Rechtsanwalt Volker Gerloff